Die Lust an der Bewegung und am Spiel Bewegungsorientierte Instrumentalpädagogik Ausgangspunkt der hier vorgestellten bewegungsorientierten Instrumentalpädagogik, die in den letzten beiden Jahren von Volker Rausenberger (Akkordeonlehrer) und Christian Billian (Komponist) entwickelt und erprobt wurde, ist die Lust von Kindern an Bewegung und Spiel. Die gemeinsame Motivation ist es, Kindern das Spielen und Wahrnehmen von Musik auf eine Weise zu vermitteln, die ihnen dazu verhilft, selbstständig zu lernen, zu begreifen und Musik zu beurteilen. Das Ziel ist es, eine Lernumgebung zu schaffen, in der Kinder befreit von instrumentaltechnischen Schwierigkeiten, Freude am Musik machen haben und selbsttätig kreativ, experimentell und explorativ mit Musik und dem Akkordeon umgehen können. Bei der Entwicklung der bewegungsorientierten Instrumentalpädagogik bildeten sich folgende Schwerpunkte heraus:
Weiterhin von Wagenschein angeregt, haben wir das musikalische Material nach dem Prinzip des Exemplarischen konzipiert. „Das exemplarische Betrachten ist das Gegenteil des Spezialistentums. Es will nicht vereinzeln: es sucht im Einzelnen das Ganze.“3 Auch im Fingerzirkus haben wir „das Einzelne nicht als Stufe des Ganzen, sondern als [dessen] Spiegel“4 versucht zu verwirklichen. Darin entwickeln die Schüler systematisch ihre instrumentalen Fähigkeiten wie Orientierung, Koordination oder Beweglichkeit sowie Fertigkeiten wie Übersetzen, Sprünge oder Doppelgriffe durch Tierfiguren, die den jeweiligen spieltechnischen Bewegungsprinzipien zugeordnet sind. Das In-Handlung-setzen der Schüler noch ohne Noten, ihr Selbsttätig-werden, folgt Erkenntnissen der Psycho-Motorik. Sie sieht es als äußerst wichtig an, Kinder in Situationen zu versetzen, in denen sie selbst etwas bewirken und verändern können. Bei Renate Zimmer heißt es: „Veränderungen des Selbstkonzeptes treten nur dann ein, wenn der Erfolg einer Tätigkeit als selbst bewirkt erlebt wird und nicht als zufallsbedingt oder von äußeren Einflüssen gesteuert wird. Daher ist eine wesentliche Vorbedingung für die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls das Bereitstellen von Situationen, in denen das Kind aktiv werden kann“5 und zudem das kindliche Neugierverhalten sowie ihr exploratives Streben verstärkt wird. Dies geschieht bei Kindern vornehmlich im „Spiel“, das für Kinder vom zeitlichen Umfang gesehen die Haupttätigkeit darstellt. Daraus folgt, dass das Spiel Teil des Lernens wie umgekehrt das Lernen immer Teil des kindlichen Spiels ist. So bilden auch bei uns Wahrnehmung und Bewegung die Grundlage der Handlungsfähigkeit. Friedhelm Schilling sieht das Ziel jeder Bewegungsadaption darin, „durch ständiges Wiederholen der Bewegungen (Lernen Üben) die Anpassungen an die Umweltbedingungen zunehmend zu verbessern. Auf diesem Weg kommt es zur Ausbildung von Fertigkeiten“6. Dieses ständige Wiederholen der Bewegungen erfahren die Schüler in immer variierter Form im Fingerzirkus. In Anlehnung an die Bewegungslehre haben wir den Komplex Spieler und Akkordeon dahingehend untersucht, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten den Schülern zur Verfügung stehen müssen, um befreit musizieren zu können. Dazu haben wir die Bewegungen sowohl im Fingerzirkus als auch im Elefant Willibald und seine Freunde systematisiert nach Einfach Komplex Kombiniert. Die Kinder beschreiten durch dieses systematische Konzept einen Weg, „der von der Handlung beim Anfangslernen zur gelernten Fertigkeit und schließlich zur variablen Technik auf hohem Niveau führt“7 Es geht uns also in erster Linie:
1 M.Wagenschein, Verdunkeltes Wissen, 1965, Vortrag am Hessischen Rundfunk 2 ebenda 3 S.13; M.Wagenschein, Das exemplarische Prinzip, 1962, Darmstadt 4 M.Wagenschein, Verdunkeltes Wissen, 1965, Vortrag am Hessischen Rundfunk 5 S.75; R. Zimmer, Handbuch der Psychomotorik, , Freiburg 1999 6 S. 23-26; Schilling, Motorik im Vorschulalter, Schorndorf 1975 7 S.27; H. Rieder, Bewegungslernen und Techniktraining, Schorndorf 1991 ----------------------- Eine ausführliche Ausarbeitung des Konzeptes wurde unter dem Titel „Das Verstehen des Verstehbaren ist ein Menschenrecht“ in der Fach- und Informationszeitschrift des Deutschen Akkordeonlehrer-Verbandes e.V. (DALV) „Das Akkordeon“, Nr. 26, Trossingen, Juli 2006, veröffentlicht. |
||||||||||||||||||||||
Spielraum Musikverlag Volker Rausenberger | Eisenbahnstr. 4 | 79423 Heitersheim
|